Von der Not zur Tugend

Allgemein, Ausbildung, Banken, Personalauswahl, Recruiting

Keine Frage, die Corona-Pandemie hat uns alle getroffen und zwar ausnahmslos – im Privaten wie auch im beruflichen Kontext. Vieles von dem, was uns bis vor Kurzem noch völlig normal erschien – das Treffen mit Freunden, der Austausch mit Kollegen oder der Restaurantbesuch – war von heute auf morgen gar nicht mehr, oder allenfalls maskiert und auf Distanz möglich. Was Ende der Neunzehnachtziger unter dem Schlagwort Cocooning als neuer gesellschaftlicher Trend bezeichnet wurde – das „Einigeln“ und „Zurückziehen in die eigenen vier Wände“ – ist auf einmal staatlich oder betrieblich angeordnete Realität.

Mal schnell alles auf „remote“

Wenngleich wir uns bis auf Weiteres auch wieder schrittweise der Normalität nähern, eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen musste ihr Personal vorerst in die Kurzarbeit schicken, während es für zahlreiche Freiberufler und Kleinstbetriebe infolge des Lockdowns sogar ans Eingemachte, sprich um die wirtschaftliche Existenz ging. Diejenigen, die ihren Geschäftsbetrieb weiterführen konnten, waren aufgefordert, ihre Prozesse unter Berücksichtigung der jeweils gültigen Hygiene- und Abstandsregeln ein Stück weit neu zu organisieren. Wohl dem also, der schon vor der Krise mit aller Konsequenz an der Digitalisierung seiner Prozesse gearbeitet hatte. Denn in Zeiten des Social Distancing und Homeoffice musste dann doch auf einmal alles ganz schnell auf „remote“ umgestellt werden, auch im Recruiting. Denn Krise hin, Krise her, zahlreiche Unternehmen haben ihr Mitarbeitersuche natürlich nicht gleich in Gänze auf Eis gelegt, sondern Teile des Auswahlprozederes auf digitale Beine gestellt. Beispiel: Jobinterview.

Kontaktlose Vorstellung

Face-to-Face wird natürlich schwierig, wenn die sozialen Kontakte auf das absolut notwendige Minimum zurückgefahren werden müssen, Personalverantwortliche ihre Laptoptastaturen im Homeoffice bearbeiten und vielversprechenden Bewerbern eine lange Anreise mit Bus und Bahn wegen des erhöhten Gesundheitsrisikos ohnehin nicht zumutbar ist. Während sich Telefoninterviews insbesondere bei der Vorauswahl von Bewerbern seit Langem etabliert haben, hat der Einsatz von Videotechnik Corona bedingt einen ordentlichen Schub erhalten. Man hört sich, man sieht sich, setzt sich aber keinerlei Ansteckungsgefahr aus. Bewerber und Interviewer sind auf der sicheren Seite. Im einfachsten Fall braucht es ja nicht viel – einen Rechner oder Laptop, ein Mikro und eine Webcam.

Zur Not täte es aber auch ein Handy mit Skype-App und Internetflat. Zugegeben, der eine oder andere braucht im Zweifel vielleicht noch ein bisschen Eingewöhnung, die meisten dürften unterdessen aber keine absoluten Novizen mehr sein und schon Erfahrungen vor der Kamera gesammelt haben – sei es im virtuellen Teammeeting oder im privaten Videochat mit Freunden.

Geht alles – Onboarding online

Dass die Verlagerung von Prozessen in Corona-Zeiten noch viel weiter gehen kann, zeigt das Beispiel der DZ-Bank. Denn die Frankfurter Genossenschaftler haben sich auch durch die mehr als schwierigen Begleitumstände nicht davon abbringen lassen, ihre neuen Trainees Anfang Mai wie geplant an den Start gehen zu lassen. Allerdings fand der Einstieg der angehenden Initiativbanker nicht wie sonst üblich in den klimatisierten Büroräumen der Mainmetropole statt. Anstelle von Handshake und Hausführung standen das Einrichten des Homeoffice und virtuelle Kennenlerngespräche auf der Agenda. Auch wenn diese Form des Onboardings für den Bankernachwuchs bei Vertragsunterzeichnung nicht absehbar und vielleicht auch schwer vorstellbar war, der Motivation scheint das Ganze keinen Abbruch getan zu haben. Zumal auch trotz der physischen Distanz auf den informellen Austausch jenseits der fachlichen Zusammenarbeit nicht verzichtet werden musste. Dann gibt´s statt Klönschnack in der Kantine, eben Plauschen in der virtuellen Mittagspause.

Man muss ja nicht gleich eine Hohelied auf das kontaktlose Arbeiten singen und den Arbeitsplatz zuhause zum Königsweg erklären. Die Beispiele zeigen aber, dass vieles möglich ist und Einiges von dem, was im Laufe der Corona-Krise an digitalen Lösungen eher aus der Not heraus installiert wurde, zukünftig ja durchaus zur Routine werden könnte. Es lohnt sich jedenfalls, hier einmal genauer hinzugucken.

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