Stellen sie sich Folgendes vor. Sie haben den Bewerbungsmarathon mit Bravour gemeistert, der Vertrag bei ihrem neuen Arbeitgeber ist unterschrieben und man scheint wirklich überzeugt von ihnen. Besser geht es doch wirklich nicht. Dann der erste Arbeitstag. Während sie darauf brennen, endlich durchzustarten, tritt der gelangweilte Herr am Empfang erstmal mächtig auf die Euphoriebremse. Kopfschütteln und Schulterzucken verraten, dass er ihren Namen gerade zum ersten Mal gehört hat. Immerhin – drei Telefonate später erscheint ein junger Auszubildener, um sie eine Etage höher bei einem Kaffee im Pappbecher zwischenzuparken. Nach einer halben Ewigkeit kommt ihnen doch noch ein bekanntes Gesicht entgegen. Die Abteilungsleiterin begrüßt sie – immerhin peinlich berührt – und zeigt ihnen dann den Platz, an dem bald „schon“ ihr Schreibtisch stehen wird. Herzlichen Glückwunsch. Man könnte dieses Horrorszenario sicher auch noch weiterspinnen. Klar ist aber, so geht es nun wirklich nicht.
Der Mensch ist kein Chamäleon
Es muss bei einem Einstand ja nicht gleich der rote Teppich und ein Spalier applaudierender Kollegen sein, aber ein kleines bisschen mehr „Herzlich Willkommen“ darf man dann schon erwarten. Eine freundliche Begrüßung, ein fertig eingerichteter Arbeitsplatz, ein erstes Kennenlernen des neuen Teams, alles das sind absolute Basics. Man könnte sie auch als Minimalanforderungen an einen respektvollen Umgang miteinander betrachten. Bei der Integration von neuen Mitarbeitern geht es allerdings um mehr als die möglichst angenehme Ausgestaltung des ersten Arbeitstages. Denn Integration braucht Zeit – der Mensch ist schließlich kein Chamäleon. Unternehmen sind Organisationen mit einem komplexen Innenleben und eigener Kultur. Alles das will erst einmal erschlossen werden. Ganz zu schweigen davon, dass das Antreten einer neuen Stelle auch immer mit Fragen verbunden ist: Was wird von mir erwartet? Wer sind meine Ansprechpartner? Wie ticken meine Kollegen? Veränderung verlangt uns etwas ab, sie hat ihren Preis.
Je früher, desto besser
Unternehmen, die es ernst meinen mit der Integration, begleiten die Novizen auf der Grundlage eines planvoll gestalteten Onboarding-Prozesses. Und der setzt am besten bereits dann ein, wenn das Recruiting seine Hausaufgaben gemacht hat, sprich der Arbeitsvertrag unterschrieben ist. Denn zwischen Vertragsunterzeichnung und erstem Arbeitstag tut sich in der Regel ein Zeitfenster auf, das nicht ungenutzt bleiben sollte. Getreu dem Motto: Bleiben sie in Kontakt und lassen sie den Neuen spüren, dass er keine abgehakte Personalie, sondern von Beginn an ein wertgeschätzter Kollege ist. Die Frage, wie lange ein Onboarding dauert, lässt sich pauschal allerdings nicht beantworten. Da ist auch der Hinweis auf die Probezeit nicht wirklich hilfreich. Neben der Größe einer Organisation und der Komplexität einer Aufgabe spielen hier individuelle Faktoren eine zentrale Rolle. Der eine tut sich eben schwerer, der andere eher leichter. Was hilft ist Kommunikation. Denn nur im persönlichen Austausch lässt sich tatsächlich feststellen, ob jemand schon angekommen ist oder nicht. Drückt irgendwo der Schuh, kann rechtzeitig geholfen werden.
Onboarding zahlt sich aus
Sie meinen, das kostet doch alles nur unnötig viel Zeit und Geld? Dann führen sie sich doch einfach einmal vor Augen, was es in Zeiten des Fachkräftemangels kostet, wenn ein frustrierter Mitarbeiter bereits nach wenigen Wochen das Handtuch schmeißt und eine Stelle neu besetzt werden muss. Da macht es schon Sinn, Neuankömmlinge ein Stück weit an die Hand zu nehmen, um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Onboarding ist Mitarbeiterbindung, vom ersten Tag an.
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