Schöne neue HR-Welt mit ChatGPT?

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Seine Einführung im November 2022 glich einem Paukenschlag. Innerhalb von nur wenigen Tagen hatten sich schon eine Millionen Nutzer angemeldet. Zum Vergleich: Instagram brauchte für die gleiche Anzahl von Usern zweieinhalb, Spotify sogar fünf Monate. Der explosionsartige Anstieg der Nutzerzahlen auf über 100 Millionen im Januar dieses Jahres macht den ChatGPT zu der am schnellsten wachsenden Verbraucheranwendung überhaupt. Derzeit scheinen die Serverkapazitäten der einzig begrenzende Faktor zu sein. Das textbasierte Dialogsystem des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI fasziniert Menschen weltweit. Seit der Freischaltung für die Öffentlichkeit ist rund um das Tool ein wahrer Hype entstanden.

Wie von Geisterhand

Bei den einen ist es nur reine Experimentierfreude. Sie begeistern sich für die Möglichkeiten der Technologie und probieren sie mehr oder weniger intuitiv aus – Spieltrieb eben. Andere wiederum versprechen sich eine schnelle, zeit- und arbeitssparende Hilfe bei akuten Fragestellungen. Wie auch immer die Motivationslage im Einzelfall aussieht, die Anwendung ist verlockend einfach. Man füttert den Bot via Texteingabe mit einer bestimmten Frage oder Aufforderung und Sekunden später baut sich, wie von Geisterhand getippt, die Antwort auf dem Bildschirm auf. Die Begeisterung des Publikums ist nachvollziehbar. Denn im Vergleich zu bislang bekannten Bots, ist der neue nicht nur sehr versiert darin, Sprache zu verstehen. Er antwortet auch auf einem bislang nicht erreichten sprachlichen Niveau, so dass Uniprofessoren*innen und Lehrer*innen bereits ins Grübeln geraten.

Routinen automatisieren

Auch im HR-Bereich eröffnen sich vielfältige Anwendungsfelder für die nicht grundsätzlich neue, aber rasant weiterentwickelte Technologie. Das Potenzial liegt zunächst vor allem dort, wo es um die Erstellung regelmäßig genutzter, weitestgehend standardisierter Textinhalte geht. Das sind etwa Zeugnisse, Kündigungen, Abmahnungen oder Absagen. Probieren sie es ruhig mal aus. Die kostenlose Version des ChatGPT liefert in kürzester Zeit wirklich erstaunliche Ergebnisse. Was hier natürlich fehlt, sind die spezifischen Angaben, etwa zu Personen oder auch dem Unternehmen. Das Ergebnis ist also eher eine Art Blankotext, der an entscheidenden Stellen dann noch ergänzt werden muss. Gerade für kleinere Unternehmen, denen es schon immer ein Graus war, sich redaktionell zu betätigen, ist aber das alleine sicher schon ein Segen.

Individualisierung durch Training

Wer mehr will, muss eine kommerzielle Programmierschnittstelle der KI nutzen, um das System zu trainieren. Nur dann generiert der Bot wirklich individualisierte Texte, die sich nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Tonalität vom Standard abheben. Ein Aspekt der unter Wettbewerbsgesichtspunkten von zentraler Bedeutung ist. Denn wer will denn schon bei einem 08/15-Unternehmen arbeiten? Im Mindset von Bewerbern*innen bleiben doch nur jene wirklich hängen, die sich von anderen unterscheidbar machen und es schaffen, ihren USP als Arbeitgeber glaubhaft zu transportieren – zum Beispiel über entsprechend formulierte Stellenanzeigen oder Karriereseiten auf der Website. Im Übrigen: Die Macher von ChatGTP stellen zusätzlich eine KI zur Verfügung, die das Employer Branding auch mit einer passenden Bildsprache ergänzt. Man kann es ja mal ausprobieren.

Die grundsätzlichen Anwendungsmöglichkeiten der KI ziehen sich im Grunde durch alle Stufen des Recruiting-Prozesses vom Stellenanzeigentext, über die Formulierung von persönlichen Nachrichten an interessante Kandidaten, die Zusammenfassung von Lebensläufen und die Vorauswahl von Bewerbern, bis hin zur Entwicklung von Interviewleitfäden und die Ausgestaltung von Dialogprozessen mit ausgewählten Kandidaten. Denkbar ist viel, entscheidend bleibt allerdings der Input. Denn die Ergebnisse des ChatGPT werden am Ende nur so gut sein, wie das investierte Training vor seinem Einsatz.

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