Dem Gegenwind trotzen

Allgemein, Personalauswahl, Personalmanagement, Skills

Es war eine Auseinandersetzung mit allen Mitteln, die das politische Geschäft so hergibt. Es wurde taktiert, telefoniert, koaliert und in Hinterzimmern gesprochen – beobachtet von einer staunenden Öffentlichkeit mit einer Mischung politischem Interesse und Voyeurismus. Tagelang dominierte die Kanzlerkandidatenfrage der C-Parteien die politische Agenda. Ob der nun feststehende Gewinner dieses teilweise schon skurril anmutenden Wettstreits die richtigen Eigenschaften für das Amt des Regierungschefs mitbringt, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Dass er aber zumindest ein dickes Fell hat, davon darf man getrost ausgehen.

Alles, nur kein Ponyhof

Weniger laienhaft wird in vergleichbaren Zusammenhängen auch oft von Resilienz gesprochen. Gemeint ist die Fähigkeit, mit Stress und schwierigen, krisenhaften Situationen klarzukommen, ohne dabei einen wie auch immer gearteten seelischen Schaden davonzutragen. Es geht um die psychische Widerstandsfähigkeit. Wer darüber verfügt, hat es in der Regel leichter. Denn das Leben ist eben alles andere als ein Ponyhof. Alleine die Bandbreite dessen, was uns im beruflichen Alltag aus dem Gleichgewicht bringen könnte, recht groß. Arbeitsüberlastung und Zeitmangel sind allgegenwärtig, Projektdeadlines schweben wie ein Damoklesschwert über uns und erreichbar müssen wir ohnehin immer sein. Na klar, 24/7, wer würde das schon ernsthaft in Frage stellen? Jenseits aller rein aufgabenbezogener Stressfaktoren kann aber auch das soziale Miteinander zum Problem werden. Stichwort Mobbing. Stellen sie sich etwa vor, ein Kollege sagt ihnen ganz unverblümt ins Gesicht, dass er sie nicht leiden kann und prophezeit ihnen mit süffisantem Lächeln, dass sie es im Unternehmen ohnehin nicht weit bringen werden. Soziale Konventionen, Pustekuchen. Gute Erziehung, naja. Zugegeben, ein extremes Beispiel, aber ganz sicher nicht aus der Luft gegriffen.

Eine Frage des Stils

Natürlich, was wir in welchem Maß als belastend empfinden, ist individuell genauso verschieden, wie die Frage des Umgangs damit. Für die Einen ist die kritische Anmerkung eines Vorgesetzten schon ein richtiger Nackenschlag, den es erstmal zu verarbeiten gilt. Sie sind verletzt, womöglich verunsichert und zweifeln an sich. Andere Typen wiederrum, verstehen Kritik als Ansporn. Sie lassen sich auch von persönlichen Angriffen nicht unterkriegen. Kein Zeichen von Resignation. Im Gegenteil, sie richten ihren Blick nach vorne. Sie finden Lösungen. Was ist es also im Kern, das den Resilienten vom weniger Resilienten unterscheidet? Eine positive Grundeinstellung und die Überzeugung, selbst etwas bewirken zu können, scheinen hier eine wesentliche Rolle zu spielen.

Arbeitgeber haben ein großes Interesse an resilienten Mitarbeitern. Und das ist nachvollziehbar. Denn ohne ein gewisses Maß an Belastbarkeit kann kein soziales System wirklich funktionieren, Unternehmen schon gar nicht. Und um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht hier nicht um aalglatte Scheuklappenträger, die mit ausgefahrenen Ellenbogen schlichtweg ignorieren, was rechts und links um sie herum passiert. Gesucht werden vielmehr Männer und Frauen, die bei Gegenwind nicht gleich kapitulieren, sondern auch schwierigere Situationen mit Blickrichtung auf eine konstruktive Lösung annehmen und meistern. Folgt man dem Neurowissenschaftler Raffael Kaulisch, ist Resilienz ein durchaus erlernbarer Bewertungsstil. Für Menschen, die an dieser Stelle an sich arbeiten wollen, eine gute Nachricht. Allerdings, Veränderung braucht Zeit und professionelle Unterstützung. Das sollten sich auch Personaler vor Augen führen, bevor sie Mitarbeiter auf Schulungen schicken, die kurzfristigen Erfolg versprechen.

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