Des Deutschen liebstes Kind

Arbeitgeber, Recruiting, Unternehmen

Ja, es ist ein Klischee, das sich hartnäckig hält. Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Und tatsächlich, wer an einem Samstag-Vormittag das emsige Treiben an den Waschstraßen unseres Landes schon einmal beobachtet hat, der kann schnell den Eindruck gewinnen, dass es sich hier um ein ganz besonderes inniges Verhältnis handeln muss. Denn mit welcher Akribie, Sorgfalt und Hingabe der automobile Bundesbürger die Karosserie seines PKW auf Hochglanz bringt, ist doch bemerkenswert. Ins Bild passt dann irgendwie auch, dass bei den jungen, am Anfang ihrer Karriere stehenden Berufstätigen Unternehmen der Automobilindustrie ganz hoch im Kurs stehen. Jedenfalls ist das ein Ergebnis der im Juni erschienen Trendence Young Professionals Studie 2020. Denn im Ranking der beliebtesten Arbeitgeber finden sich unter den Top Five – mit Ausnahme von Volkswagen – alle renommierten, heimischen Autobauer. Dass die Wolfsburger mit Rang 13 etwas abfallen, lässt sich wohl mit den Nachwirkungen des Diesel-Skandals erklären. Während sich die Niedersachsen an den Dellen im Image wohl noch etwas länger abarbeiten werden, hat aber auch die Branche insgesamt kleinere Kratzer bekommen, denn ihre Beliebtheit ist tendenziell rückläufig. Ob Klimadiskussion, oder verschlafener Eintritt in alternative Antriebstechniken. Über die Gründe kann man trefflich spekulieren.

Banken weit(er) hinterher

Während mit McKinsey (10) und BCG (11) weiterhin zwei renommierte Beratungsunternehmen in der Spitzengruppe zu finden sind, sucht man dort vergeblich nach den großen Bankhäusern. Commerzbank, Deutsche Bank oder DZ Bank – alles Fehlanzeige. Angeführt wird die Bankenriege stattdessen von der EZB (26), bevor auf Rang 44 mit der Deutschen Bundesbank ein weiteres öffentliches Organ folgt. Es bleibt also dabei, die Branche tut sich schwer. Denn schon vor zwei Jahren zeichnete sich ab, dass es der Bankensektor im Wettbewerb um ambitionierte Nachwuchskräfte nicht mehr ganz so einfach hat. Ganz im Gegenteil, wer sich bei der Frage nach den unbeliebtesten Branchen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Bereich „Medien und Werbung“ liefert, steht vor großen Herausforderungen – nach wie vor, darf man wohl sagen.

Eng, aber wärmend

Als ein Gewinner kann auf Rang 5 sicherlich der öffentliche Sektor bezeichnet werden, der sich im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozentpunkte verbessern und damit den größten Zuwachs verzeichnen konnte. Warum das so ist? Eine gute Frage. Die Vermutung liegt nahe, dass Corona-Krise und Lockdown hier nicht ohne Wirkung geblieben sind. Denn dem Einen oder Anderen wird angesichts von Firmenpleiten und Kurzarbeit auf einmal bewusst geworden sein, dass ein sicherer Job dann doch keine Selbstverständlichkeit ist. Und wenn der öffentliche Dienst auch nicht gerade als Hort der Kreativität und Inspiration verschrien ist, ein Sinnbild für Arbeitsplatzsicherheit ist er allemal. Oder um es mit den Worten des alten Fritz zusagen: „Das Wams des Beamten ist eng, aber es wärmt.“

Als Zeichen der allgemeinen Verunsicherung lässt sich schließlich auch die zum ersten Quartalswechsel stark zurückgegangene Wechselbereitschaft interpretieren, wobei Trendence Geschäftsführer Robindro Ullah hier auch schon wieder eine gegenläufige Entwicklung ausgemacht hat. Viele würden „wieder etwas positiver in die Zukunft schauen und sich dabei durchaus auch nach neuen Arbeitgebern umschauen“. Wer seine Recruiting-Bemühungen also zwischenzeitlich heruntergefahren hat, sollte die Gunst der Stunde nutzen.