Die Eindrücke und Erfahrungen, die ein Bewerber im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs gewinnt spielen als Entscheidungsgrundlage für oder gegen ein Unternehmen eine wesentliche Rolle. Das sagen neun von zehn Befragten im Rahmen der Studie „Bewerbungspraxis 2015“. Rund 60 Prozent der insgesamt 7.000 Studienteilnehmer gaben zudem an, dass sie aufgrund der Erfahrungen während eines solchen Gesprächs schon einmal ein Jobangebot abgelehnt hätten.
Während diese Ergebnisse nicht wirklich überraschen, geben sie manch einem Personalverantwortlichen vielleicht Anlass, Recruiting und Bewerberauswahlprozesse noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Und das eine oder andere Unternehmen wird dabei möglicherweise erkennen, dass es etwas tun muss, um bei seinem Wunschkandidaten nicht gleich nach dem ersten Kennenlernen durchzufallen. Die Zeiten haben sich eben geändert. Wenn Fachkräfte zur Mangelware werden und die Demografie auch für die Zukunft keine Flut an qualifiziertem Nachwuchs verspricht, ist ein Umdenken angesagt. Der unmittelbare Kontakt zum stellenanbietenden Unternehmen sollte idealerweise zu einem rundum positiven Erlebnis für den umworbenen Kandidaten werden.
Sensibilisierung ist geboten
In Fachpublikationen, Blogs und Portalen ist diesbezüglich seit geraumer Zeit von der Candidate Experience die Rede. Allerdings, was im Kontext dieses Begriffs Erwähnung findet, ist teilweise an Banalität kaum noch zu übertreffen – etwa, dass man einen Kandidaten nicht stundenlang warten lässt oder man ihm am besten auch etwas zu trinken anbietet. Man sollte doch davon ausgehen, dass es sich hier um Selbstverständlichkeiten des sozialen Miteinanders handelt und nicht um notwendige Maßnahmen in Zeiten angespannter Personalmärkte. Bisweilen hilft eben auch das Besinnen auf die gute Kinderstube. Dennoch, den gesamten Komplex des Bewerberkontaktes hinsichtlich seiner Wirkung grundsätzlich zu prüfen, hat durchaus seine Berechtigung. Denn auf Märkten mit einem hohen Wettbewerbsdruck entscheiden unter Umständen auch die vermeintlichen Kleinigkeiten darüber, ob ein Angebot – nämlich das des Unternehmens – angenommen wird oder nicht. Allerdings sollten in diesem Rahmen nicht nur Personaler, sondern auch alle am Personalauswahlprozess involvierten Fachabteilungen noch einmal sensibilisiert werden.
Schlüsselfaktor Arbeitgeberattraktivität
Letztlich bleibt die Candidate Experience aber tatsächlich nur ein kleines, wenn auch das vielleicht letzte Mosaiksteinchen im Gesamtbild, das sich ein Jobkandidat von einem in Frage kommenden Arbeitgeber macht. Denn es ist natürlich davon auszugehen, dass er sich vorher umfangreich über das jeweilige Unternehmen informiert hat – im Netz, in Social Media, auf Bewertungsplattformen, bei Freunden. Wenn ein möglicher Arbeitgeber bis dahin nicht schon ausreichend attraktiv erscheint, wird es erst gar nicht zu einem näheren Kontakt im Rahmen des Recruitings, geschweige denn zu einem persönlichen Gespräch kommen. Insofern ist es aus Sicht von Unternehmen also lohnenswert den Bogen etwas weiter zu spannen, das heißt, sich intensiv und umfassend mit Fragen der Arbeitgeberattraktivität auseinanderzusetzen. Das Stichwort lautet hier: Employer Branding. Ein Thema nicht nur für Konzerne, sondern auch für mittelständische Unternehmen.
Quelle Beitragsbild: Pixabay