Die Älteren unter uns können sich vielleicht noch vage erinnern: Der Zeitungskauf und die ausgiebige Lektüre des umfangreichen Stellenmarktes war samstägliche Routine, Zeugnisse mussten dutzendfach kopiert, Portraitfotos im Passbildformat nachbestellt, Unterlagen eingetütet und zur Post gebracht werden. Was vor 20 Jahren vielleicht noch gang und gäbe war, wird vom frischgebackenen Abiturienten oder dem stellensuchenden Jungakademiker von heute nur mitleidig belächelt. Denn auch die Welt der Stellenausschreibung, der Jobsuche und der Bewerbung ist natürlich längst im digitalen Hier und Jetzt angekommen. Auch wenn es vereinzelt immer noch stellenanbietende, analog tickende Unternehmensdinos gibt, die Digitalisierung dominiert doch längst den Prozess. Die Zeiten, in denen die Frage nach der richtigen Farbe der Bewerbungsmappe von „Experten“ zum mitentscheidenden Kriterium bei der Stellenbesetzung stilisiert wurde, sind passe. Genauso, wie auch die unzähligen Stapel papiergewordener Bewerberleben auf den Schreibtischen der Personalsachbearbeiter weitestgehend Geschichte sind.
Eintüten war mal
Wer heute eine Stelle sucht, geht nicht an den Kiosk, sondern ins Netz. Er oder sie legt ein Suchprofil bei einem Stellenportal an, hinterlegt einen Lebenslauf, bestellt den nach persönlichen Präferenzen konfigurierten Jobnewsletter, oder besucht direkt die Website der favorisierten Unternehmen. Nichts einfacher als das und unterdessen alles Routine, so wie sich auch schon einige Bewerbergenerationen längst daran gewöhnt haben, Online-Formulare auf Karriereseiten auszufüllen und Bewerbungsunterlagen in Form einer pdf zu verschicken. Denn laut einer 2016 erschienenen Studie schreiben 90 Prozent der großen deutschen Unternehmen ihre freien Stellen auf der Firmenwebsite aus und sieben von zehn Stellenanzeigen werden auf Jobbörsen im Internet veröffentlicht. Was jenseits der Digitalisierung nach wie vor Gültigkeit hat, sind grundlegende inhaltliche und auch formale Anforderungen an das, was als persönliche Visitenkarte beim zukünftigen Arbeitgeber Eindruck hinterlassen soll.
Gezieltes Netzwerken
Was sich in einigen Bereichen allerdings geändert hat, sind die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen setzen in Zeiten eines intensiven Wettbewerbs um Fach- und Nachwuchskräfte schon längst nicht mehr ausschließlich darauf, dass sich die richtigen Bewerber – motiviert durch pfiffige Anzeigen oder hippe Arbeitgebervideos – schon melden werden. Ganz im Gegenteil, sie werden aktiv und machen sich auf die Suche nach ihrem Wunschkandidaten. Und wo genau tun sie das? Natürlich, in sozialen Netzwerken und hier allen voran bei Xing und Linkedin. Denn nirgendwo sonst sind persönliche, besetzungsrelevante Basisinformationen leichter zu bekommen als dort. Schulische Ausbildung, akademischer Hintergrund, berufliche Erfahrungen, Positionen, Funktionen, ehemalige Arbeitgeber, Dauer der Beschäftigungen und, und, und … . Was dem Einen als ergiebiger Pool potenzieller Mitarbeiter willkommen ist, wird von unzähligen Stellensuchenden oder grundsätzlich wechselwilligen Arbeitnehmern gezielt genutzt. Sie legen ein aussagekräftiges Profil an, werden Mitglied in themenspezifischen oder regional fokussierten Gruppen, beteiligen sich rege an Diskussionen, teilen Beiträge, die für andere Experten von Interesse sein könnten und arbeiten intensiv am Aufbau ihres Netzwerkes. Wenn man so will, präsentieren sie sich auf einer Art virtuellem Laufsteg, um von potenziellen Arbeitgebern wahrgenommen und im Idealfall direkt kontaktiert zu werden. Man kommt sich entgegen.
Engagement, das sich lohnen kann
Der Wunsch nach beruflicher Veränderung ist oftmals aber gar nicht die wirklich treibende Kraft hinter dem Einstieg ins Netzwerken. Viele der eifrigen Kontaktknüpfer versprechen sich neue Kundenbeziehungen oder einen gewinnbringenden beruflichen Austausch mit anderen Experten. Für manche ist es sogar nur ein Muss, dabei zu sein, weil das heutzutage eben erwartet wird. Die Ansprache durch einen Personaler oder Headhunter mit anschließendem Sprung auf der Karriereleiter ist dann eher ein gerne mitgenommener Kollateralnutzen.
Wie auch immer die Motivationslage im Einzelnen aussehen mag, es kann sich im Sinne eines beruflichen Fortkommens also durchaus lohnen, das Engagement in einem der genannten sozialen Netzwerke vernünftig zu planen und strategisch anzulegen. Allerdings, sollten erfolgversprechende Bemühungen nicht durch Aktivitäten in anderen Social Media konterkariert werden. Denn es wäre naiv zu glauben, dass ein heute durchaus gängiger Online-Kandidatencheck ausgerechnet Facebook, Twitter und Instagram unberücksichtigt lässt. Wer sich also nicht selber im Wege stehen will, sollte mit privaten Inhalten also ausgesprochen sensibel umgehen.